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DIE GANZE FAMILIE NOCH WACH
Der Titel des Films ist ein Zitat aus dem Vorbehaltsfilm Pour le Mérite (D 1938, R: Karl Ritter). In dieser Szene besucht der Protagonist Leutnant Fabian während des Ersten Weltkriegs am Abend seine Eltern. Der Vater liest ihm einen Brief vor: Fabian bekommt den Orden Pour le Mérite verliehen, die Familie ist außer sich vor Freude.
Der Vater wird von Lothar Körner, meinem Ur-Ur-Großvater, gespielt. Er war vor mir der letzte in der Familie, der beruflich in Film und Theater tätig war. Er spielte in Brechts Uraufführung den Baal und arbeitete mit Max Reinhardt. Er drehte vier Filme mit Stellan Rye und begegnete mir so in meinem Studium: unter anderem war er der Vater von Margit im Stummfilm Der Student von Prag (1913).
Der Kurzfilm zeigt, wie ich als Ur-Ur-Enkel seine Tätigkeit für die NS-Propaganda sehe und wie sie mich in einen Konflikt mit meiner Arbeit als Opernregisseur führt. Der Film behandelt Fragen nach familiärer Verbindung und Verantwortung in der Kunst. Körner scheint im Film durch meine Wohnung, meinen Arbeitsplatz, meinen Kopf zu tanzen. Am Ende muss ich sein Erbe annehmen in Form eines Ringes, der tatsächlich aus seinem Besitz stammt. Der Film endet mit meinem Schatten auf einem Opernplakat: was man aus dem NS-Erbe seiner Vorfahren macht, wird nicht beantwortet – aber ablegen kann man diese Familiengeschichte nicht.
Der Film greift auf den für mich typischen surrealistischen Stil zurück, inspiriert von Maya Deren und David Lynch. Die Musik steht dem gesprochenen Wort des Films nicht im Weg, hält sich zurück und kreiert in ihrem Minimalismus einen Raum für die Gedanken und Gefühle der Figur beim Sichten des Vorbehaltsfilms. Wenn Körner den Handlungsraum beherrscht, ist eine von mir eingespielte Version von Händels Chorsatz Go gen’rous pious youth aus seinem Oratorium Theodora zu hören: ein Satz, der die Tugenden der Jugend preist und ihnen Frieden und Ruhe wünscht.
Der Film entstand in kompletter Eigenregie und -produktion.








